Außenfassade der Elbphilharmonie in Hamburg
08.02.2021

Podcast "Endlagersuche: Irgendwo muss das Zeugs ja hin!"

Er fällt bei der Produktion von Strom in Atomkraftwerken an, er ist schwer zu entsorgen und er gibt hunderttausende Jahre giftige Strahlen ab – Atommüll. Wo er am Ende dauerhaft und sicher verwahrt werden könnte, wird für den deutschen Atommüll derzeit in einem aufwändigen Prozess untersucht.

In einer mehrteiligen Konferenzreihe zur Endlagersuche beleuchtet die Stiftung Natur & Umwelt den Prozess der Endlagersuche. Mit einer dreiteiligen Podcast-Serie stellt sie die Akteur*innen und die Herausforderungen vor. Im ersten Teil unterhalten sich Rebecca Harms, Umweltaktivistin der ersten Stunde bei den Protesten gegen das Atommüll-Zwischenlager Gorleben vor 40 Jahren und bis 2019 für die Grünen im Europaparlament und Jones Yousef, Student der Energie- und Umwelttechnik an der TU Hamburg und seit Herbst 2020 aktiv im Landesvorstand Niedersachsen der Jugendorganisation des BUND über das Thema. 

Fakten für einen lernenden Prozess 
Online-Seminar zum „Welt-Atommüll-Bericht. Fokus Europa“

Mehr als 60.000 Tonnen abgebrannter Brennstäbe lagern derzeit in Europa, ein Endlager für den hochradioaktiven Atommüll hat bisher jedoch kein Land der Welt in Betrieb genommen. Für Rebecca Harms, die 15 Jahre lang für die Grünen im Europaparlament saß, Grund genug, Fakten zusammen zu tragen, die die Vergleichbarkeit der Lage in Europa verbessern. Das berichtet die Umweltaktivistin zu Beginn der Online-Veranstaltung den 65 Teilnehmer*innen aus ganz Deutschland und einigen Nachbarländern. Dann übergibt sie das virtuelle Podium an zwei der rund ein Dutzend Wissenschaftler*innen, die den „Welt-Atommüll-Bericht. Fokus Europa“ verfasst haben.

Wie alles begann und was es in der Zukunft kosten könnte

Marcos Buser, Geologe und Sozialwissenschaftler aus der Schweiz, gibt eine anschauliche Einführung in die Geschichte des Atommülls. Sie begann in den 1950er Jahren mit der militärischen Nutzung der Atomenergie. In den 1960er wurden altgediente Bergwerke wie die Asse in Niedersachsen als Endlager getestet. Inzwischen sind speziell für die Endlagerung entwickelte Anlagen in Planung, etwa in Schweden. Die Rückholbarkeit strahlenden Mülls bereits seit den 1990er Jahren ein Thema.

Ben Wealer, der an der TU Berlin zur Ökonomie der Atomenergie forscht, erläutert das zugängliche Zahlenmaterial zur Finanzierung der Atommüll-Endlagerung. Es zeige sich eine deutliche Lücke zwischen den eingeplanten Finanzmitteln und den tatsächlich benötigten Summen. Die Verursacher finanzierten zwar den Rückbau, die Verantwortung für die Endlagerung gehe dann aber in der Regel an den Staat und damit die Steuerzahler*innen über. Und weil weltweit noch kein Endlager gebaut ist, sind alle Schätzungen Papierrechnungen, zum Teil mit Datenmaterial, das bis in die 1970er Jahre zurückreicht, sagt der Wirtschaftsingenieur.

Wieviel Atommüll produziert eine Familie pro Jahr?

Wie kann man sich bei der derzeit laufenden Suche nach einem Endlager als Bürger*in beteiligen, wie einen persönlichen Bezug zum abstrakten Thema Atommüll herstellen und bräuchte deutsche Gesellschaft nicht einen Bildungsschub in Sachen Atomkraft? Diese Fragen werden während des Online-Seminars in kleineren Gruppen diskutiert, dann erläutern Vertreter*innen der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und vom Nationalen Begleitgremium (NBG) ihre Funktion im Endlagersuchprozess.

Transparente Forschungsergebnisse, gegenseitiger Respekt

Forschung für ein selbsthinterfragendes, lernendes System, die transparent ist und Teilhabe der Öffentlichkeit sind wiederkehrende Forderungen während des dreistündigen Online-Seminars. Dazu will der „Welt-Atommüll-Bericht. Fokus Europa“ etwas beitragen. Rebecca Harms hofft, dass die alten Konfliktlinien einem sachlichen Ringen um den richtigen Endlager-Standort weichen werden, geprägt von gegenseitigem Respekt zwischen Zivilgesellschaft und staatlichen Akteuren. 


Stiftung Leben und Umwelt


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Auftakt einer digitalen Konferenzserie der Stiftung Leben & Umwelt
Illustration: Magdalena Otterstedt, Kopfüber Design
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Über mich

Agnes Bührig, freie Autorin mit Berichtsgebiet Niedersachsen und Nordeuropa. Berichte, Reportagen und Features über Kultur und Gesellschaft, Podcast und Moderation..

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