Skyline von Oslo im Werden
12.11.2022

Von Haapsalu bis Bullerbü: Die Bilderwelt von Ilon Wikland

Sie hat Karlsson vom Dach, Lotta und die Brüder Löwenherz für Astrid Lindgrens Kinderbücher gezeichnet: Ilon Wikland. Jetzt widmet das Deutsche Museum für Karikatur und Zeichenkunst Wilhelm Busch in Hannover der 1930 in Haapsalu geborenen Illustratorin eine große Ausstellung. 

 

"Det här har mama ritat.. das hat Mama gezeichnet, und hier sieht man wie wir ihre Skizzen, Texte, Aquarelle sichergestellt haben“, erzählt Tochter Fredrika Wikland und zeigt Fotos auf ihrem Handy. Auch eine Zeichnung von Pippi Langstrumpf ist darunter, obwohl Ilon Wikland dieses Buch nicht illustrierte. Denn erst in den 1950er lernte sie Astrid Lindgren kennen. Später erhielt die Illustratorin den Auftrag, die Brüder Löwenherz zu zeichnen, ein schmerzhafter Prozess, erinnert sich Fredrika Wikland:

"Wenn sie ein Manuskript von Astrid Lindgren bekam, dann hat sie sich eingeschlossen im Zimmer und dann war sie nicht ansprechbar. Das war ein großer, innerlicher Prozess. Und dann kam sie einen Abend aus ihrem Zimmer und da fragten wir: Kannst Du erzählen, wie ist das Buch? Und dann hat sie erzählt und dann hat sie geweint und das habe ich nicht oft gesehen. Das hat sie sehr mitgenommen."

250 Originale auf zwei Etagen präsentiert die neue Ausstellung. Grafische Zeichnungen der finsteren Wachleute aus den Brüdern Löwenherz in Tusche hängen da neben fröhlich-bunten Ansichten von Lottas Familienleben in der Krachmacherstraße. Auch Originale ihrer bisher letzten Arbeit „Peter und der Wolf“ von 2015 sind ausgestellt. Ängstliche Menschen auf einer knallgrünen Rasenfläche, die vor etwas fliehen. Eine Figur auf den Bildern erinnert an Wladimir Putin, sagt Gisela Vetter-Liebenow, Direktorin des Wilhelm-Busch-Museums:

"Diese Illustrationsfolge hat sie gezeichnet auch unter dem Eindruck der russischen Okkupation der Krim. Als Estin, die 1944 aus Haapsalu nach Schweden flüchten musste vor den anrückenden russischen Truppen, ist ihr diese Bedrohung natürlich ganz besonders präsent gewesen. Und sie ist auch etwas, was sie ihr Leben lang begleitet hat." 

Es ist diese weniger bekannte Seite der gebürtigen Estin, die sich in der Ausstellung entdecken lässt. Zu sehen ist etwa eine autobiographische Zeichnung, in der sich Ilon Wiklands Gefühle als Kind im Zweiten Weltkrieg spiegeln: ein kleines Mädchen, farbig koloriert, wie es da unschuldig steht, vor Panzern, groß und grau. Und auch der Zeitgeist zeigt sich in den Bildern. In frühen Illustrationen, gezeichnet in Zentralperspektive, wirken die Kinder brav, tragen frisch gekämmte Haare. In den 1970er Jahren werden sie wilder und munterer, sagt die Museumsdirektorin:

"Wenn man mal Madita oder Lotta anschaut, die haben ein sehr starkes Selbstbewusstsein, und die setzen sich auch durch. Die sind auch mutig. Und wenn man sie auch als Figuren in den Zeichnungen anguckt, die stehen da mit ihren Beinchen stramm auf dem Boden und behaupten sich. Es ist natürlich auch in vielerlei Hinsicht ein zeitgebundener Illustrationsstil, das ist auch immer wieder spannend, weil man sieht auch, wie sich Gesellschaft verändert hat und er sich bewegt.

Wer sich das genauer ansehen will, kann sich auch in die Bücher mit Ilon Wiklands Zeichnungen vertiefen, in der Mitte der Ausstellung gibt es einen kleinen Holzpavillon. Die Idee dazu kam Gisela Vetter-Liebenow durch Landschaftsbilder der Illustratorin, in denen dann immer wieder so ein kleines Gartenhäuschen auftaucht. Wie das Baumhaus ihrer Kindheit, sagt die scheidende Direktorin des Wilhelm-Busch-Museums: Geborgenheit in einem kleinen Raum, wo man seine Abenteuerlust ausleben kann.


Beitrag auf NDR Kultur


 


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Das Wilhelm Busch Museum zeigt Ilon Wikland
Ilon Wikland in der Ausstellung: aus Peter und der Wolf (2015)
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Agnes Bührig, freie Autorin mit Berichtsgebiet Niedersachsen und Nordeuropa. Berichte, Reportagen und Features über Kultur und Gesellschaft, Podcast und Moderation..

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