Kunstfestspiele Herrenhausen 2018
11.12.2020

Mit Abstand nah an der Kunst

Das Jahresende ist die Zeit des Bestände-Sichtens und Reflektierens. Für Kunstgalerien in Hannover ein guter Anlass, die vertretenen Künstlerinnen und Künstler noch einmal in Überblicksausstellungen zu präsentieren.

„Accrochage“ heißt die Schau in der Galerie Falkenberg, die alte und neue Werke zeigt. „update - from dawn till dusk“ ist der Titel seiner Ausstellung, sagt der Galerist Robert Drees:   

Unmittelbar stehen wir vor einem Fotokunstwerk von Franziska Stünkel – Drehbuchautorin, Regisseurin und Fotokünstlerin. Zu sehen ist ein Schatten der Silhouette eines Mannes. Es überlagern sich ganz, ganz viele Raumelemente, Architekturelemente, man ahnt die Dogenhausarchitektur des Markusplatzes in Venedig.

Eine historische Außenfassade, gespiegelt auf der Scheibe eines Bistros mit warmer Innenbeleuchtung – für Robert Drees ein Sinnbild für Fernweh. Zugleich changiert das Foto zwischen dunkler Grundpartie und Helligkeit im oberen Drittel, wie der Titel der Ausstellung „vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung“ andeutet.

20 Künstler zeigt der Galerist, darunter sind die menschenleeren Räume des Finnen Pertti Kekarainen, die zu geometrischen Mustern werden und Bilder, die mit der Pandemie zu tun haben könnten: schwarze Menschenschlangen lässt der Kubaner Gustavo Diaz Sosa ziellos vor unheilvoll dräuender Katastrophenarchitektur warten. Hanna Nitsch aus Braunschweig erforscht die Lesart digitaler Bilder, sagt Robert Drees.

Und zwar sind es Internetrecherchen von ganz, ganz energiegeladenen aber sehr, sehr zweifelhaften Frauenbildnissen – zwischen Extase, Verzweiflung, sind es ganz, ganz fragile Gesichtsausdrücke, die sie in Tuschezeichnungen zu bannen weiß. Grundlage dieses Materials ist tatsächlich die Recherche vom PC aus in den Internetwelten, um neue Motivsuchen zu gestalten, weil es im Augenblick eben mit dem Heraustreten aus dem Atelier, mit dem Reisen nur sehr eingeschränkt möglich ist, als Künstlerin oder Künstler zu arbeiten.

Die Katastrophe, wenn auch nicht die aktuelle, thematisiert das bildgewaltige Gemälde von Ryo Kato in der Galerie Falkenberg. Der japanische Künstler spiegelt die Umweltzerstörung, das Gemälde erinnert an das Gewimmel düsterer Bilder Bruegels. Im spannenden Kontrast dazu steht die abstrakte Arbeit von Friedhelm Falke. Ein kleinformatiges Bild zweier Zitronen, gemalt als holländisches Still-Leben, fächert der Niedersachse im Bild links daneben in Farbflächen leuchtenden Gelbs und Rotviolett auf. Galerist Achim Leseberg.

Friedhelm Falke, ein eigentlich abstrakt arbeitender Maler, der sich im Wesentlichen eigentlich mit Architekturen und solchen Sachen beschäftigt in seinen Bildern, seit zwei Jahren jetzt aber neue Kontextbilder malt, indem er diesen abstrakten Bildern Stillleben daneben setzt.

Auf diese Weise entsteht ein ganz eigenes Gespräch zwischen den Bildern. Klaus Zylla hingegen, Pendler zwischen Berlin und Portugal, setzt mit grazilem Strich groteske Figuren auf bunte Farbflächen. Und Marina Schulze aus Bremen zeigt sowohl empfindsam wirkende Frauenkörper wie eine abstrakte Arbeit. Galerist Achim Leseberg.

Wir haben hier ein Bild, eine starke Vergrößerung eines Pilzes, die sie sehr photorealistisch nachgebildet hat und eigentlich in der Anmutung wie ein abstraktes Bild wirkt.

Die Bandbreite der Stile und Sujets sind das Pfund, mit dem Überblicksausstellungen wuchern können. Nicht nur in Zeiten geschlossener Museen und Kunstvereine empfehlenswert.


NDR Kultur


Zurück

Neue Ausstellungen 
in den Galerien Falkenberg und Robert Drees in Hannover
Gemälde von Josephine Altmeyer (Foto: Agnes Bührig)
Beitrag anhören:

Neuere Themen:

Marco Goeckes erste Uraufführung an der Staatsoper Hannover
"Der Liebhaber" nach Marguerite Duras in Vorbereitung

Der Streit um das „Reformationsfenster“ der Marktkirche Hannover
Von Gerhard Schröder geschenkt, von Markus Lüpertz entworfen

Ältere Themen:

Podcast Lebenserinnerungen der Bergen-Belsen-Überlebenden Irene Butter
FAQ-Room Spezial im Hörspielhaus von Agnes Bührig, Barbara Heine und Gala Othero Winter

Über mich

Agnes Bührig, freie Autorin mit Berichtsgebiet Niedersachsen und Nordeuropa. Berichte, Reportagen und Features über Kultur und Gesellschaft, Podcast und Moderation..

Mehr >>

Bild von falco auf Pixabay