Kunstfestspiele Herrenhausen 2018
06.05.2021

Nach 70 Jahren aufgetaucht: Selbstportrait Wilhelm Busch

Mit seinen satirischen Bildergeschichten von Max und Moritz oder der frommen Helene wurde Wilhelm Busch bekannt, dass er aber auch 22 Selbstportraits geschaffen hat, wissen die wenigsten. Das dürfte sich nun ändern, denn eines seiner berühmtesten Selbstbildnisse, entstanden 1894 in der Spätphase des Malers, Zeichners und Dichters ist nach 70 Jahren im Verborgenen jetzt im Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst Wilhelm Busch wieder aufgetaucht. 

Nachdenklich blickt Wilhelm Busch von dem kleinen braunen Papier seines Zeichenblocks. Gerade einmal zehn mal fünfzehn Zentimeter misst die Federzeichnung in Sepia, die den damals 62-Jährigen mit breitkrempigem Hut und Zigarettenstummel im Mundwinkel zeigt. Sein Gesicht wird halb verdeckt von einem mächtigen Bart, an der Seite steigt schwach eine Rauchschwade auf. Ein aussagekräftiges Selbstportrait, das ins Wilhelm Busch Museum in Hannover gehört, sagt die Direktorin des Hauses, Gisela Vetter-Liebenow. 

Es ist das Selbstbildnis, mit dem, ich glaube, die meisten Menschen ihre Vorstellung von Wilhelm Busch verbinden. Es hat sein Bild geprägt, es ist in unendlich vielen Publikationen abgebildet. Es war über viele Jahrzehnte ein bestimmendes Signet dieses Hauses, und es ist, glaube ich, auch für Busch selbst, für seine Person, für sein künstlerisches Werk eines der sprechendsten Selbstportraits.

Doch seine Spur verlor sich 1949. Damals erschien es in Wien in einer Publikation des österreichischen Kunsthistorikers Fritz Novotny. Nach dem Tod Wilhelm Buschs wurde es an die Galerie Heinemann in München verkauft. Zuletzt im Privatbesitz, konnte es das Wilhelm Busch Museum im vergangenen Herbst in Wien ersteigern. Doch auch schon zu Lebzeiten wurde das Blatt nie der Öffentlichkeit präsentiert, sagt die Wilhelm-Busch-Expertin Ruth Brunngraber-Malottke.  

Er ging immer davon aus, dass dieses freie Schaffen, vielleicht doch zu medioker sei, um sich damit in der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Und so kam es, dass es erst 1908, wenige Monate nach dem Tod von Wilhelm Busch eine erste große Ausstellung auch mit seinem freien bildnerischen Werk stattfand, in München, in der berühmten Galerie Heinemann. Und das sorgt natürlich für großes Erstaunen, weil man diese Arbeiten überhaupt bisher noch nicht gekannt hatte.

22 Selbstportraits Wilhelm Buschs sind bekannt, 14 davon befinden sich in Hannover. Sie reichen vom detaillierten Abbild zu Studienzeiten in Antwerpen in den 1850er Jahren über ein Ölgemälde aus den 1870ern, auf dem er sich mit keckem Blick zeigt, gewandet in Wams und Hut im Stil der holländischen Meister, bis zu jenem ersteigerten Blatt aus der Spätphase des Künstlers. Es als echt zu identifizieren, sei nicht schwer gewesen, auch, wenn immer mal Fälschungen auftauchten. Ruth Brunngraber-Malottke:

Wir wissen zum Beispiel in den 80er-Jahren, als Wilhelm Busch auf dem Kunstmarkt im Rahmen einer großen Ausstellung unseres Hauses zum hundertfünfzigsten Geburtstag auch am Kunstmarkt enorme Preise erzielte, was in der DDR damals gut beobachtet wurde und Schalck-Golodkowski eben auch Fälscher beauftragte in Dresden, die systematisch fälschten - in Dresden gibt es in der Gemäldesammlung Busch-Gemälde. Und die wurden dann in den Westen gebracht und hier auf dem Kunstmarkt verkauft.

Es ist eine distanzierte Darstellung, die Wilhelm Busch 1894 von sich gezeichnet hat, ganz im Gegensatz zu den heiteren Bildgeschichten für die er bekannt ist. Mit expressionistischem Strich habe er dabei Selbsterforschung betrieben, sagt die Kunsthistorikerin Ruth Brunngraber-Malottke. Denn das Ergebnis seines freien Malens und Zeichnens behielt er zu Lebzeiten für sich. Das Bildnis mit Zigarettenstummel wirkt da wie ein Schlussstrich.   

Er hat zu diesem Zeitpunkt bereits sein prominentes Bildergeschichtenwerk 10 Jahre zuvor abgeschlossen mit der Geschichte vom Maler Klecksel, die nicht ganz frei ist von autobiografischen Zügen. Und zu diesem Zeitpunkt um 1894 herum, beendete er sein freies zeichnerisches Werk. Ich empfinde so auch diesen ungeheuer furiosen Querstrich, der das Bild unten durchzieht, das ist wie ein Bilanzstrich, er zieht hier wirklich Bilanz.

 

Beitrag für Deutschlandfunk, Kultur heute

 

 

 

 


Zurück

Nach 70 Jahren wieder in der Öffentlichkeit: Busch Museum Hannover erwirbt bekanntes Selbstportrait Wilhelm Buschs
Foto: Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst
Beitrag anhören:

Neuere Themen:

Sker - Cyber-Skulptur im Sprengel Museum
Industrieroboter druckt zwei Meter-Skulptur

Von Sternenkindern, modernen Ernährungslaboren und alten Diakästen
VGH-Fotopreis 2021 in der Galerie für Fotografie Hannover

Ältere Themen:

Noch bis 11. April: Hilma af Klint, Moderna Museet Malmö..
..aus dem Archiv Hilma af Klint - Bericht zur Ausstellung 2013 in Stockholm, Moderna Museet

Marco Goeckes erste Uraufführung an der Staatsoper Hannover
"Der Liebhaber" nach Marguerite Duras in Vorbereitung

Über mich

Agnes Bührig, freie Autorin mit Berichtsgebiet Niedersachsen und Nordeuropa. Berichte, Reportagen und Features über Kultur und Gesellschaft, Podcast und Moderation..

Mehr >>

Bild von falco auf Pixabay