Kunstfestspiele Herrenhausen 2018
08.02.2025

Entspannung durch vier Stunden Cellospiel täglich

Wie hören sich die Streicher von morgen an? Das ergründete das Konzert „Strings of the future“ in der Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis mit jungen, hochbegabten Musiker:innen aus Kopenhagen und der Region Hannover. Mit dabei war Charlotte Melkonian, die mit elf Jahren bereits an Universitäten gefördert wird. Ein Probenbesuch.

Probe im Institut zur Früh-Förderung musikalisch Hochbegabter an der Musikhochschule Hannover. Mühelos setzt Charlotte Melkonian an verschiedenen Stellen von David Poppers Ungarischer Rhapsodie Op. 68 ein. Scheinbar unbekümmert und zugleich hoch konzentriert - in sich ruhend - spielt die 11-Jährige die hochexpressiven Passagen. Dass sie bereits mit vier Jahren begonnen hat, Cello zu spielen, habe sich ganz natürlich ergeben:

"Wir haben zu Hause immer viel Musik gemacht und Mama ist Sängerin.  Und wir sind immer viel in Opern und Konzerte gegangen und ich habe mich in den Klang des Cellos einfach unglaublich verliebt. Und ab dem Moment, ab dem ichs gehört habe, wollte ich ihn nichts anderes machen und unbedingt nur Cello spielen."

Isabella Melkonian erkennt das Talent ihrer Tochter. Sie setzt sich dafür ein, dass Charlotte schon im Kindergartenalter einen Cellolehrer bekommt. Auch am Mozarteum in Salzburg erhält sie Unterrichtsstunden, inzwischen ist sie in der Meisterklasse des renommierten Cellisten Jens Peter Maintz an der Universität der Künste in Berlin und fährt regelmäßig zum Unterricht in die Hauptstadt. Auch das begleitet Isabella Melkonian. Die Musik sei für ihre Tochter lebensnotwendig, sagt die Mutter:

"Bei Charlotte ist es so - das hat sie auch ganz früh gezeigt – dass es ganz wichtig ist, sie mit all dem auch zu füttern, weil sie eher andersrum leidet. Also ich muss auch aufpassen, dass sie genug von dem bekommt, was sie möchte, denn sie fordert wirklich immer mehr. Und das darf sie auch bekommen. Denn wenn sie das nicht hat, ist sie unglücklich."

Glücklich ist Charlotte Melkonian vor allem auf der Bühne, das ließ sich in Hannover in den letzten Jahren sowohl beim Schulkonzert wie beim Auftritt mit der NDR Radiophilharmonie beobachten: Ein stillvergnügter Spaß an der Musik, von Lampenfieber keine Spur. Andere Beschäftigungen zur Erholung braucht es da nicht, sagt die Nachwuchs-Cellistin:

"Einerseits ist natürlich das Musikmachen die Haupterholung für mich und andererseits spiele ich sehr gern noch mit Puppen und auch mit meinen Kuscheltieren. Mein ganzes Bett ist voller Kuscheltiere, und ich lese sehr, sehr gern auch ganz viel. Und naja, also Musik ist quasi mein Leben und das andere, so die nebensächlichen Sachen, mache ich aber trotzdem sehr, sehr gern."

„Nebensächliche Sachen“ wie die Schularbeiten erledigt die Gymnasiastin schnell, damit sie Zeit hat, vier bis fünf Stunden am Tag zu üben. Mit dem Direktor des Instituts zur Früh-Förderung musikalisch Hochbegabter, Martin Brauß, am Klavier feilt sie gerade im am richtigen Klang einer Terz. Mit Fingerspitzengefühl gilt es, den Kern eines großen Talents wie es Charlotte sei, zu entdecken - und zu fördern, sagt der Hochschullehrer.

"Das ist gar nicht so sehr strategisch. Das ist ein Gefühl, wir machen jetzt einfach Musik zusammen. Und ich zeige aus meiner längeren Erfahrung, wie man diese Stelle angehen könnte. Und der Kern ist, dass sie das hat, was man nicht unterrichten kann."

Mit ihrer großen Begabung hat Charlotte Melkonian schon etliche Wettbewerbe gewonnen, auf wichtigen Bühnen gestanden, doch ein Youtube-Profil von ihr sucht man vergebens. Sie spiele, weil es ihr Spaß mache, erzählt sie lebenslustig, sonst würde das keinen Sinn ergeben. Ziele gibt es aber auch, zum Beispiel: 


"Ich fänd´ es unglaublich toll, wenn ich noch ein weiteres Mal in der Carnegie Hall in New York spielen dürfte."


Beitrag für NDR Kultur


 

 

 

 

 

 


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Cellistin Charlotte Melkonian aus Hannover
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Agnes Bührig, freie Autorin mit Berichtsgebiet Niedersachsen und Nordeuropa. Berichte, Reportagen und Features über Kultur und Gesellschaft, Podcast und Moderation..

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